Metaanalyse:
Wie wirksam ist Johanniskraut?
Bei leichten und mittelschweren Depressionen rät die VersorgungsLeitlinie „Unipolare Depression“ bezüglich der antidepressiven Medikation u. a. zu SSRI, SSNR oder TZA. Johanniskraut-Extrakt wird neben den synthetischen Antidepressiva als gleichwertige Initialtherapie empfohlen.1 Eine aktuelle Metaanalyse untermauert jetzt diese Empfehlung. Johanniskraut vs. SSRI – die Studienlage im Überblick.
Johanniskraut als Initialtherapie empfohlen
Ist bei leichten bis mittelgradigen depressiven Episoden (ICD-10 F32.1 und F 33.1) eine medikamentöse Behandlung indiziert, werden oft synthetische Antidepressiva wie SSRI, SSNRI oder TZA eingesetzt – deren Gabe kann jedoch mit zahlreichen unerwünschten Nebenwirkungen einhergehen.1
Die Nationale VersorgungsLeitlinie „Unipolare Depression“ empfiehlt für den ersten Therapieversuch auch Johanniskraut-Extrakt als gleichwertige Behandlungsoption.1 Die Wirksamkeit war in den Zulassungsstudien vergleichbar wie SSRI, jedoch signifikant verträglicher und ohne Nebenwirkungen wie bspw. Gewichtszunahme oder sexuelle Dysfunktion.1-4
Aktuelle Metaanalyse 2023 zeigte: Johanniskraut ist SSRI überlegen
Eine umfassende Metaanalyse von Zhao et al. aus dem Jahr 2023 untermauerte die Empfehlung für die Initialtherapie mit Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen. Die Analyse untersuchte die Wirksamkeit von Johanniskraut-Extrakt vs. herkömmlichen SSRI.5 In die Auswertung eingeschlossen, waren 14 randomisierte klinische Studien aus den Jahren 2000 bis 2022. Insgesamt analysierten die Autorinnen und Autoren Daten von 2270 Patientinnen und Patienten mit Depressionen, die entweder Johanniskraut-Extrakt oder die SSRI Citalopram, Paroxetin, Fluoxetin, oder Sertralin bzw. Placebo einnahmen.5
Laut der Metaanalyse überzeugte Johanniskraut-Extrakt bezüglich seiner Wirksamkeit:5
- Für Johanniskraut-Extrakt vs. SSRI zeigte sich eine gepoolte Odds Ratio (OR) von 2,44 (95 %-Konfidenzintervall [KI]: 1,33-4,45).
- Die gepoolte OR für Johanniskraut-Extrakt vs. Placebo lag bei 0,46 (95 %-KI: 0,26-0,83)
Beide Werte hatten eine statistische Signifikanz von p < 0,05. Die statistisch signifikante Sensitivität der Auswertung lag bei 80 Prozent.5
- Laut Zhao et al. reduzierte die Einnahme von Johanniskraut-Extrakt neben der klinisch depressiven Symptomatik auch den Hamilton Depression Rating Scale (HAMD)-Score.5
- Bei der Verbesserung der Symptomatik und des HAMD-Scores war Johanniskraut-Extrakt sowohl Placebo als auch den SSRI signifikant überlegen.5
Die Behandlung mit Johanniskraut-Extrakt ging mit weniger Nebenwirkungen einher als unter den herkömmlichen SSRI.5 Diese neuen Daten stützen die Leitlinienempfehlung Johanniskraut-Extrakt für die Initialtherapie bei leichten bis mittelschweren Depressionen einzusetzen.
Metaanalyse untermauert Wirksamkeit bei mittelschwerer Depression (F32.1)
In einer randomisierten, doppelblinden, placebo- und verumkontrollierten Zulassungsstudie von Gastpar et al., war die Wirksamkeit von hochdosiertem Johanniskraut-Extrakt (STW3VI – Laif®900, 900 mg, 1x täglich) bei mittelschweren Depressionen (F32.1, F 33.1) mit der der SSRI-Leitsubstanz Citalopram (20 mg, 1x täglich) vergleichbar:2
Laut der Metaanalyse überzeugte Johanniskraut-Extrakt bezüglich seiner Wirksamkeit:5
- Bei einer Behandlungsdauer von 6 Wochen war Laif®900 ebenso wirksam wie Citalopram.
- Die Testung auf Nicht-Unterlegenheit (non-inferiority) von Laif®900 vs. Citalopram war signifikant (p < 0,0001).
Zudem überzeugte Johanniskraut-Extrakt vs. Citalopram durch eine deutlich bessere Verträglichkeit. 2,4 Die therapeutisch gleichwertige Wirksamkeit von Laif®900 und SSRI im Praxisalltag belegte darüber hinaus auch eine prospektive offene Versorgungsforschungsstudie (ICD-10 F32.1, F33.1, F32.9, F32.8 und F33.9).6
Fazit zum Einsatz von Johanniskraut
- Johanniskraut gehört zu den am besten untersuchten pflanzlichen Arzneimitteln.2,3,5
- Basierend auf der umfassenden Datenlage gibt die Leitlinie „Unipolare Depression“ eine Empfehlung für die Initialtherapie mit Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen.1
- Bei leichten bis mittelschweren Depressionen kann unter der Therapie mit Johanniskraut-Extrakt eine vergleichbar wirksame Behandlung wie mit SSRI erreicht werden – jedoch mit geringeren Nebenwirkungen 2,3,5
Wichtig: Bei mittelschweren Depressionen nur Johanniskrautpräparate einsetzen, die als Arzneimittel für diese Indikation zugelassen sind.1 Diese sind verschreibungspflichtig und GKV-erstattungsfähig.
Quellen:
- Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Langfassung, Version 3.0, 2022, AWMF-Register-Nr. nvl-005. https://www.leitlinien.de/themen/depression/version-3
- Gastpar M et al. Hypericumextrakt STW3-VI im Vergleich zu Citalopram und Placebo bei Patienten mit mittelschwerer Depression. Psychopharmakotherapie 2007; 14: 65-69.
- Dillenburger B et al. Aktueller Forschungsstand zum pflanzlichen Antidepressivum Johanniskrautextrakt. Aktueller Forschungsstand Nervenheilkunde 2020; 39: 565-571.
- Fachinformation Laif®900, Stand September 2020
- Zhao et al. The efficacy and safety of St. John's wort extract in depression therapy compared to SSRIs in adults: A meta-analysis of randomized clinical trials. Adv Clin Exp Med 2023;32(2):151-161. doi: 10.17219/acem/152942.2023
- Kresimon J et al. Versorgung von Patienten mit mittelschwerer Depression unter Therapie mit Hypericum-Extrakt STW3-VI im Vergleich zu selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) im Praxisalltag. Gesundh ökon Qual manag, 2012; 17: 198-206.
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