Depression oder Angststörung?

Typisch für Depressionen ist unter anderem, dass Negatives deutlicher wahrgenommen wird – so auch Angst und Situationen, die Mut erfordern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Angstgefühle bei depressiven Personen häufig Teil der Symptomatik sind.1 Wichtige Unterscheidungsmerkmale zu Angststörungen und wie Sie ängstliche Depressionspatientinnen- und patienten behandeln können.

Angstgefühle: häufiges Symptom bei Depressionen

Neben den Hauptsymptomen einer depressiven Episode – depressive, gedrückte Stimmung, Interessensverlust und Freudlosigkeit sowie Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit – können bei einer Depression noch zahlreiche weitere Symptome auftreten. Besonders häufig sind Angstgefühle: 70 – 80 % der Patientinnen und Patienten berichten zusätzlich über Angst im Rahmen ihrer Erkrankung, meist ohne konkreten Angstgegenstand.2 Aber wie lässt sich abgrenzen, ob eine generalisierte Angststörung vorliegt oder ob die Angstgefühle im Rahmen einer depressiven Episode auftreten?

Generalisierte Angststörung vs. Depression

Angststörungen und Depressionen können Gemeinsamkeiten haben, die eine Abgrenzung der beiden Krankheitsbilder erschweren. Beispielsweise gehen generalisierte Angststörungen oft mit Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen einher, wie sie auch bei einer Depression auftreten können.2,3 Auch Unruhe, übermäßige Sorgen und Rückzug können Teil beider Symptomatiken sein.1
Was dagegen eher auf eine Depression mit Angstgefühlen als auf eine generalisierte Angststörung hindeutet, ist die verminderte Fähigkeit, Freude zu empfinden. Dies ist bei Angststörungen nicht der Fall. Zudem besteht bei einer depressiven Episode ein durchgehender Interessen- und Energieverlust4 und auch die Symptome

  • Frustration
  • Traurigkeit
  • Wertlosigkeit
  • Selbstmordgedanken
  • Müdigkeit
  • Appetitlosigkeit

sind eher einer Depression zuzuordnen als einer Angststörung.1

Wichtig zur Abgrenzung ist ebenfalls, dass bei Angststörungen oft bestimmte körperliche Symptome, wie Zittern, Herzrasen, Schwindel oder Engegefühl im Hals oder in der Brust im Vordergrund stehen. Dabei können diese – je nach Form der Angststörung – entweder gleichzeitig und plötzlich oder aber in wechselnder Kombination als unterschwelliger Dauerzustand auftreten.3

Natürliche Angstreaktion oder pathologische Angst?

Angst ist eine natürliche Reaktion auf Gefahrenreize, die sich in körperlichen Reaktionen sowie psychischen Symptomen äußern kann. Bei realen Bedrohungen ist sie sinnvoll, um sich auf eine Kampf- oder Fluchtreaktion vorzubereiten oder um einer Gefahr aus dem Weg zu gehen. Ist die empfundene Angst allerdings übertrieben, unrealistisch oder grundlos, handelt es sich um eine pathologische Angst.3 Die ICD-10 klassifiziert neben phobischen Störungen (F40) verschiedene Angststörungen:

  • F41.0: Panikstörung
  • F41.1: Generalisierte Angststörung
  • F41.2: Angst und depressive Störung, gemischt
  • F41.3 Andere gemischte Angststörungen
  • F41.8 Sonstige spezifische Angststörungen
  • F41.9 Angststörung, nicht näher bezeichnet 

Häufige somatische Differentialdiagnosen der Angsterkrankungen sind unter anderem Lungenerkrankungen (z. B. Asthma bronchiale oder chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen) sowie Herz-Kreislauferkrankungen, wie Angina pectoris oder ein Myokardinfarkt.

In der S3-Leitlinie „Unipolare Depression“ werden Screeningfragen empfohlen, die beim Verdacht auf das Vorliegen einer anderen als einer depressiven Störung gestellt zur Differenzierung herangezogen werden können. Bezogen auf den Zeitraum der vergangen 4 Wochen, kann folgende Frage zur Abgrenzung einer generalisierten Angststörung wichtige Hinweise liefern:2

Haben Sie sich schon einmal über einen mindestens einen Monat oder länger ängstlich, angespannt und voll ängstlicher Besorgnis gefühlt?
 

 

Behandlung ängstlicher Depressions-Patienten

Orientierung an den Leitlinienempfehlungen

Neben synthetischen Antidepressiva kann ein erster Behandlungsversuch bei leichten bis mittelschweren Depressionen (mit und ohne Angstsymptomatik) mit Johanniskraut unternommen werden.2 
 

 

Abb. 1: Wirkprinzipien von Johanniskraut-Extrakt (modifiziert nach [5])

Hochdosierter Johanniskraut-Extrakt (Laif®900) interagiert mit allen 3 Botenstoffen, die für die emotionale Regulation essenziell sind.5 Den belegten klinischen Effekt auf die gesamte depressive Symptomatik zeigt u. a. eine Reanalyse klinischer Studien, die einen signifikanten Unterschied im HAMD-Gesamtscore zu Placebo bereits nach 3 Wochen fand. Zusätzlich konnten via Einzel-Item-Analyse gleichsinnige signifikante Effekte auf Schlüsselsymptome, wie depressive Stimmung und Schlafstörungen, aber auch auf das Angstempfinden festgestellt werden.6

Abb. 1: Wirkprinzipien von Johanniskraut-Extrakt (modifiziert nach [5])

Quellen:

  1. Hoyer J. Depression und Angst. Vortrag im Rahmen des 12. Aktionstag Depression der Deutschen Depressionshilfe. Unter: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/files/cms/Buendnisse/Dresden/Vortraege/hoyer_depr-angst_21.09.19.pdf (abgerufen am 22.06.2022).

  2. S3-Leitlinie und Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Langfassung, 2. Auflage, November 2015, Version 5; www.leitlinien.de/nvl/depression (abgerufen am 25.04.2022).

  3. Bandelow B et al. S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen Version 2. Stand 2021. AWMF-Reg.-Nr. 051-028, unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-028.html (abgerufen am 27.04.2022).

  4. Medizinprodukte BfAu. ICD-10-WHO, Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 01.02.2022, https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2019/ (abgerufen am 27.04.2022).

  5. Reinbold H, et al. Antidepressiva, Pharmakologische und klinische Aspekte. PsychoGen Verlag 2015.

  6. Volz HP et al. Wirksamkeit des Johanniskrautextrakts STW3-VI. Eine Reanalyse gepoolter Daten zweier Placebo-kontrollierter Studien. Psychopharmakotherapie 2018;25:170-6.

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